Das jüngste Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat nicht nur keine greifbaren Ergebnisse gebracht, sondern endete in einer offenen Auseinandersetzung. Doch während Trump in öffentlichen Äußerungen die Position der Ukraine als schwach darstellt und Selenskyj als Verhandlungsführer infrage stellt, sehen Militärexperten und politische Analysten die Situation differenzierter.
Trumps Russland-Strategie in der Sackgasse?
Maksymilian Dura, Militärexperte des Portals Defence24.pl, argumentiert, dass nicht nur die Verhandlungen zwischen den USA und der Ukraine gescheitert seien, sondern dass Trump auch bei seinen Gesprächen mit Russland keine Fortschritte erzielt habe. Dura verweist darauf, dass Wladimir Putin trotz diplomatischer Annäherungsversuche „keine der Versprechungen eingelöst hat, die er zu Beginn des Krieges gemacht hat“. Dies lege nahe, dass der Kreml nicht wirklich an einem Friedensschluss interessiert sei, sondern vielmehr darauf setze, den Westen weiter unter Druck zu setzen.
Dura betont, dass Russland aktuell Bedingungen für ein Friedensabkommen stelle, die selbst für die USA nicht akzeptabel seien. „Putin will nicht nur die Ukraine kontrollieren, sondern auch eine Schwächung der NATO erreichen“, erklärt er. Die Forderungen des Kremls gingen weit über die Ukraine hinaus – sie zielten darauf ab, das geopolitische Gleichgewicht in Europa zu verschieben.
Er weist zudem darauf hin, dass Trump möglicherweise erkannt habe, dass ein Nachgeben gegenüber Russland nicht nur bei den europäischen Verbündeten auf Widerstand stoßen würde, sondern auch innenpolitisch problematisch wäre. „Europa ist nicht bereit, sich auf einen faulen Kompromiss mit Moskau einzulassen, weil es weiß, dass Putin jede gewonnene Zeit gegen den Westen nutzen wird“, so Dura.
Hat die Ukraine wirklich keine Verhandlungsmacht?
Auch Professor Michał Urbańczyk von der Universität Posen widerspricht Trumps Darstellung, wonach Selenskyj ohne Verhandlungsmasse sei. Er räumt zwar ein, dass die russischen Truppen zuletzt Gebietsgewinne verzeichnet haben, betont aber, dass die Ukraine ihre strategischen Rückzugsbewegungen aktiv steuere. „Die ukrainische Armee kann den Frontverlauf kontrolliert verkürzen, was es ihr ermöglicht, ihre Verteidigungslinien zu festigen“, erklärt Urbańczyk.
Zudem habe Kiew zuletzt erhebliche militärische Unterstützung von westlichen Partnern erhalten – ein Faktor, den Trump in seiner Analyse unterschätze. „Zum Ende von Joe Bidens Amtszeit wurde der Ukraine eine erhebliche Menge an Waffen und Munition geliefert“, erläutert Urbańczyk. Das verschaffe dem Land Spielraum für weitere militärische Manöver und erhöhe seine Verhandlungsposition.
Ein weiterer entscheidender Punkt sei die Unterstützung aus Europa. Urbańczyk betont, dass die EU und andere westliche Staaten zunehmend als Gegengewicht zu möglichen Unsicherheiten in der US-Politik agieren. „Selenskyj weiß, dass ein Abkommen ohne Sicherheitsgarantien für die Ukraine nicht tragfähig wäre. Deshalb hat er sich gegen eine übereilte Vereinbarung ausgesprochen“, so der Politikwissenschaftler.
Darüber hinaus erinnert Urbańczyk daran, dass der Krieg nicht erst 2022 mit der groß angelegten Invasion Russlands begann, sondern bereits seit der Annexion der Krim im Jahr 2014 andauert. Die gescheiterten Versuche, den Konflikt diplomatisch zu lösen – etwa durch die Minsker Abkommen – hätten gezeigt, dass Russland nicht an einem stabilen Frieden interessiert sei, wenn dieser der Ukraine langfristige Sicherheit garantieren würde.
tvn24/adn