Ukraine: „Putin spielt auf Zeit“
Politische Analysten in Kiew haben Moskau vorgeworfen, lediglich eine „Atempause“ für seine Truppen zu suchen, nicht aber einen ernsthaften Friedensschluss.
Der ehemalige Duma-Abgeordnete und heutige Kreml-Kritiker Gennadi Gudkow warnte, dass Putin in dem Gespräch taktische Zugeständnisse gemacht habe, ohne tatsächlich seine Position zu ändern: „Putin tat so, als könne er alle Probleme der Welt lösen. Aber wenn er sagt: ‚Wir sollten keine Angriffe auf die Energieinfrastruktur führen, die Ukraine sollte sich nicht bewaffnen, keine Mobilisierung durchführen‘ – dann ist das reine Heuchelei. Nach inoffiziellen Informationen bereitet er bereits neue Reserven vor, um die Ukraine erneut anzugreifen.“
Der russische Journalist Michail Fischman von der unabhängigen Nachrichtenseite Doschd (Descht) zog einen sportlichen Vergleich: „Putin hat den Ball aus seiner Hälfte auf die Seite der USA gespielt.“ Der ukrainische Politologe Georgi Tschischow stellte infrage, ob Trump die Rolle eines Vermittlers zwischen Kiew und Moskau glaubwürdig ausfüllen könne.
Frankreich: "Trump bekommt einen Korb"
Auch in der französischen Presse wird das Telefonat zwischen Trump und Putin als Misserfolg für den US-Präsidenten gewertet. Le Point titelte: „Donald Trump bekommt einen Korb“ und erinnerte an einen seiner eigenen Ratschläge aus dem Buch The Art of the Deal: „Das Schlimmste, was du tun kannst, ist, den Eindruck zu erwecken, dass du verzweifelt nach einem Deal suchst. Die andere Seite merkt das – und dann bist du erledigt.“
Laut Le Monde brachte das Gespräch keine substanziellen Ergebnisse. Besonders kritisch sah die Zeitung, dass keine Einigung über einen dauerhaften Waffenstillstand in der Ukraine erzielt wurde: „Donald Trump behauptet seit Jahrzehnten, ein Meister der Verhandlungen zu sein, doch nach diesem Gespräch mit Putin stellen sich Zweifel an seiner Strategie, seinen Ergebnissen und seinen Absichten.“
Le Figaro wiederum hob hervor, dass Wladimir Putin als eigentlicher Gewinner aus der Unterredung hervorgeht: „Seine strategische Situation hat sich spektakulär verbessert.“ Die Zeitung argumentierte, dass der Kreml nun auf eine Neuausrichtung der US-Russland-Beziehungen hoffe – und Europa dabei keine Rolle spiele. „Man sucht dieses Wort vergeblich in den Abschlusserklärungen – weder auf Englisch noch auf Russisch.“
Tschechien: Empörung über Putins Eishockey-Idee
Ein ungewöhnliches Detail des Gesprächs sorgte vor allem in Tschechien für Aufsehen: Laut Kreml soll Trump Putins Vorschlag eines Eishockey-Freundschaftsspiels zwischen den USA und Russland positiv aufgenommen haben.
Das tschechische Wirtschaftsblatt Hospodářské Noviny sieht darin eine politische Geste des US-Präsidenten: „Die Aussicht auf ein Eishockeyspiel ist eine Verbeugung Trumps vor Putin. Die Liebe des russischen Herrschers zu diesem Sport ist allgemein bekannt – und die aktuelle Lage stört ihn.“ Das Blatt erinnerte daran, dass Russland nach dem Überfall auf die Ukraine von internationalen Sportwettkämpfen ausgeschlossen wurde: „Ein solches Spiel könnte Russland wieder näher an die Weltbühne heranführen.“
Besonders scharf reagierte die tschechische Eishockey-Legende Dominik Hašek. Der ehemalige Nationaltorwart, der sich in den letzten Jahren politisch engagiert und klar an der Seite der Ukraine steht, bezeichnete die Idee als inakzeptabel: „Das Ausnutzen von Bürgern zur Rechtfertigung der schlimmsten Verbrechen ist nicht nur Verrat, sondern ein Verbrechen, das der US-Präsident begeht.“
Der tschechische Sportnachrichtendienst iSport spekulierte, dass Putins Vorschlag bald konkreter werden könnte: „Es ist zu erwarten, dass Putins Idee in den kommenden Wochen an Dynamik gewinnt. Das steht im Zusammenhang mit den nahenden Olympischen Winterspielen, an denen die Teilnahme Russlands noch ungewiss ist.“
IAR/adn