Rzeczpospolita: Streit um Justizreform - Juristen wollen Dialog
Die konservative Rzeczpospolita berichtet in ihrem heutigen Aufmacher über einen möglichen runden Tisch zur Justizreform zwischen den Regierenden und den Juristen. Wie das Blatt erklärt, müsste ein solcher Dialog drei Schlüsselthemen adressieren: erstens den Status des aktuellen Gerichtsrats, zweitens den Status der von ihm nominierten Richter und drittens schließlich den Status der neuberufenen Disziplinarkammer des Obersten Gerichtshofs. Die Lösung des Konflikts um den Nationalen Gerichtsrat, so die Zeitung, sei dabei eine Vorbedingung für die Lösung der beiden anderen Probleme. Und in dieser Frage würden sich Juristen fast einstimmig für die Rückkehr zu der Lösung von vor 2018 aussprechen, das heißt zur Wahl der Richter im Gerichtsrat durch Richter und nicht wie heute durch Politiker. Eine weitere Aufgabe sei die Ausarbeitung eines Kompromisses zur Disziplinarkammer des Obersten Gerichtshofs. Der Großteil der Juristen, lesen wir, könne sich die weitere Existenz der Kammer in der aktuellen Form nicht vorstellen. Akzeptabel wäre für viele jedoch deren Umorganisierung, das heißt die Einschränkung ihrer Autonomie und eine stärkere Eingliederung der Kammer in schon bestehende Strukturen des Obersten Gerichtshofs. Und die 600 Richter, die vom neuen Gerichtsrat nominiert worden seien? Diese könnte man nochmals von einem künftigen, neugewählten und apolitischen Gerichtsrat überprüfen lassen. Offen bleibe hierbei die Möglichkeit des Ruhestands für die negativ verifizierten Richter sowie der Status ihrer Urteile.
Paradoxal, so die Zeitung abschließend, könnte die Präsidentschaftswahlkampagne für die Politiker eine gute Zeit sein, der immer stärker vom Konflikt um die Gerichte ermüdeten Gesellschaft zur Abwechslung mal ihre kompromissbereitere Seite zu präsentieren. Ein Kompromiss würde dabei natürlich sowohl von Seiten der Politiker als auch der Richter eine Abmilderung ihrer Positionen verlangen. Unerschütterlichkeit, so die Zeitung, sei indes ein Rezept für die weitere Eskalation des Konflikts, so Rzeczpospolita.
Rzeczpospolita: Notausgang für die Regierung
Der Publizist der Rzeczpospolita Michał Szułdrzyński macht in seinem Autorenkommentar zur Idee des Runden Tisches darauf aufmerksam, dass sich zu den kritischen Stellungnahmen der EU-Kommission, der Venedig-Kommission und der OSZE, jüngst auch ein Brief zweier amerikanischer Kongressmänner hinzugesellt habe. Das Regierungslager habe ihn zwar ignoriert, doch dies sei ein Fehler. Denn das Dokument, so der Autor, sei erstens ein Signal, dass die Situation in Polen auch jenseits des Ozeans beobachtet werde. Zweitens würde sich laut inoffiziellen Informationen auch die Sprecherin des Repräsentantenhauses der USA Nancy Pelosi am Rande ihrer anstehenden Visite in Polen zu der Justizreform äußern wollen. Wenn sich diese Informationen bestätigen, dann werde die Regierungspartei nicht länger so tun können, als ob es kein Problem gebe. Daher, so Szułdrzyński, würde der runde Tisch paradoxerweise am meisten den Regierenden gelegen kommen, da er für sie einen Notausgang aus dem politischen Pat darstelle, in das sie sich selbst hineinmanövriert hätten. Vor allem aber würde ein solcher Dialog helfen, das Chaos einzudämmen, das sich andernfalls von Tag zu Tag in den polnischen Gerichten ausbreiten werde, so Michał Szułdrzyński in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita.
Dziennik/Gazeta Prawna: Polnisch-polnischer Krieg um Gerichte gewinnt an Tempo
In der Zwischenzeit gewinne der polnisch-polnische Konflikt um das Gerichtswesen zunehmend an Tempo, lesen wir in der heutigen Ausgabe des Wirtschaftsblatts Dziennik/Gazeta Prawna. Während die Politiker auf die Einbetonierung der Situation drängen würden, würden die Richter versuchen, die Schaffung von vollendeten Tatsachen durch das Regierungslager zu verhindern. Die Beschleunigung, so das Blatt, sei an den folgenden Ereignissen zu erkennen: Auf der morgen beginnenden Sitzung werde der Sejm das Veto des Senats gegen das Disziplinierungsgesetz voraussichtlich ablehnen. Am Donnerstag werden drei Kammern des Obersten Gerichtshofs, ohne die Beteiligung der durch die PiS-Reform ins Leben gerufenen neuen Kammern, entscheiden, ob die vom aktuellen Gerichtsrat nominierten Richter überhaupt urteilen dürfen. Gestern habe das Administrationsgericht zudem entschieden, dass die Kanzlei des Sejms die Liste der Befürworter derjenigen, die sich um einen Platz im Gerichtsrat beworben hatten, auf gerichtlichen Antrag offenlegen müsse. Heute, so das Blatt weiter, könne zudem zum ersten Mal in der Geschichte ein Richter nur dafür suspendiert werden, dass er sich mit einer juristischen Frage an den Obersten Gerichtshof gewendet hat. Es geht um eine Richterin aus Katowice, die um die Legalität eines Spruchkörpers gefragt habe, in der ein vom neuen Gerichtsrat ernannter Richter sitze. Und am 13 Februar werde schließlich das Verfassungsgericht entscheiden, ob die Vorschriften auf deren Grundlage in Disziplinarverfahren Anträge um die Ausschließung von Richtern wegen ihrer fehlerhaften Ernennung gestellt werden, verfassungskonform seien, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna.
Gazeta Wyborcza: Geheimnisvolle Visite von Greta Thunberg
Öko-Berühmtheit Greta Thunberg hat vergangene Woche Gdańsk besucht, berichtet in der heutigen Ausgabe die linksliberale Gazeta Wyborcza. Mit der Visite der 17-jährigen Schwedin, lesen wir, hätten sich zwei veganische Restaurants gebrüstet. Die Teenagerin selbst hingegen habe in keinem ihrer Social Media-Kanäle, in denen sie sonst sehr aktiv sei, ein Wort über den Besuch verloren. Nun sei das Geheimnis der Visite gelüftet. Ziel der Polenreise der Schwedin sei die landesweit reichste Gemeinde - das zentralpolnische Kleszczów - gewesen, dessen Vermögen, dank der Kohlegrube “Bełchatów”, 44 Tausend Złoty pro Einwohner beträgt (in der ärmsten Gemeinde - Zawadzkie in Südpolen seien es 3,2 Tausend per capita). Thunberg sei laut Medienberichten, gemeinsam mit einer Filmcrew auf der Aussichtsterrasse gesehen worden, von der das Kohlekraftwerk der Polnischen Energetik-Gruppe PGE zu sehen sei. Bei dem Kraftwerk handle es sich um die weltweit größte Anlage, die mit Braunkohle beheizt werde. Allein 2018 habe der Betrieb über 38 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen. Man könne also davon ausgehen, dass der Film Polen gegenüber eher nicht positiv eingestellt sein werde.
Thunberg, lesen wir in dem Artikel, sei von Beginn ihrer internationalen Karriere eine Negativ-Heldin der regierungsnahen Medien in Polen. “Wird sich die junge Aktivistin auch leisten können, einen Beitrag über die größten Luftverschmutzer, also über China, die USA oder Indien zu produzieren?”, habe gestern das Portal wPolityce.pl in Bezug auf die Visite gefragt. “Auch nach Deutschland, das im Ranking der größten CO2-Produzenten weit vor Polen liege, habe sie es nicht weit. Wann die junge Schwedin wohl auf die Eröffnung der neuen Kohlegrube in Deutschland reagieren wird?”, so wPolityce.pl weiter. Das Portal der Karnowski-Brüder, erinnert Wyborcza, habe Greta schon früher als “Promotorin der Unbildung” und “Produkt des Postmodernismus” bezeichnet. Das Portal TVP Info habe indes berichtet, dass das Mädchen mit Depression gekämpft habe, schlechte Beziehungen mit ihren Eltern gehabt habe, die sie als “Heuchler” bezeichnete und im Alter von 12 Jahren mit dem Asperger-Syndrom diagnostiziert worden sei. Das polnische Branchenportal Energetyka24.pl habe schließlich über Greta geschrieben, dass ihre Aktivität aus der Perspektive des Klimaschutzes praktisch bedeutungslos sei, so Gazeta Wyborcza zum neulichen Besuch von Greta Thunberg in Polen.
Adam de Nisau