Deutsche Redaktion

"Unterschiedliche Ansätze"

29.01.2025 09:58
Hat Premierminister Tusk hat die Erinnerung an Millionen von Polen, die im Zweiten Weltkrieg ihr Leben gelassen haben, auf dem Altar der deutsch-polnischen Zusammenarbeit geopfert? Wie ernst meint es Sejmmarschall Szymon Hołownia mit den angekündigten Strafen für unentschuldigte Abwesenheit von Abgeordneten? Und: Die ehemalige US-Botschafterin Georgette Mosbacher kennt das Ziel ihrer nächsten diplomatischen Mission. Mehr dazu in der Presseschau.
Bild:
Bild:Artur Bogacki/Shutterstock

DO RZECZY: Unterschiedliche Ansätze

In den polnisch-deutschen Beziehungen ändert sich nichts, vor allem nicht in Bezug auf Reparationen. Im Gegenteil, sagt Prof. Marcin Szewczak. Der Europawissenschaftler ist der Meinung, dass Donald Tusk die Erinnerung an Millionen von Polen, die im Zweiten Weltkrieg ihr Leben gelassen haben, auf dem Altar dieser Zusammenarbeit geopfert habe. Aus geschichtspolitischer Sicht widerspreche dies der polnischen Staatsraison, urteilt der Experte in der Wochenzeitung Do Rzeczy. Szewczak erinnerte daran, dass der Holocaust auf polnischem Boden von Deutschen verübt wurde. Inzwischen würden sehr oft austauschbare Bezeichnungen verwendet. Man spreche von Nazis, Faschisten, während sich die Deutschen peinlich genau davor hüten, sie – als deutsches Volk – vollständig für diesen Völkermord verantwortlich zu machen, bemerkt Prof. Szewczak.

Der Europawissenschaftler urteilt, dass die meisten älteren Menschen sehr wohl wissen würden, wie Deutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs den gesamten Prozess der Abkehr vom Dritten Reich durchlaufen hat. Viele derjenigen, die aktiv an den Todesfabriken beteiligt waren, hätten später Arbeit gefunden, sei es in der kommunalen oder staatlichen Verwaltung, aber auch im Verteidigungssektor und in der Armee. Dies zeige, wie leicht es heute ist, von der Begehung des Verbrechens des Völkermords dazu überzugehen, diese Verbrecher später in das gesunde Gefüge des Staates zu integrieren. Wenn man heute in die Geschichtsbücher schaue, lernen junge Deutsche aus diesen Büchern nicht, was ihre Großeltern oder Urgroßeltern alles begangen haben. Hier entstehe eine gewisse Dissonanz, denn die Polen wollen diese tragische Geschichte nicht vergessen, heißt es in der Wochenzeitung Do Rzeczy.

SUPER EXPRESS: Vorgetäuschte Härte?

Szymon Hołownia hat ein hartes Vorgehen gegen unentschuldigtes Fernbleiben von Politikern im Sejm angekündigt. In einigen Fällen können sie bis zu 90 Prozent ihres Gehalts verlieren. In der Praxis wird es jedoch sehr unwahrscheinlich sein, eine so hohe Geldstrafe zu erhalten, schreibt die Tageszeitung Super Express. Die Idee sei entstanden, nachdem der stellvertretende Justizminister Marcin Romanowski nach seiner Flucht aus Polen in Ungarn Asyl erhalten habe. Obwohl der Abgeordnete auf seine Bezüge verzichtet habe, habe die Situation eine Diskussion über die Finanzen der Abgeordneten in Gang gesetzt. Sejmmarschall Szymon Hołownia habe auf einer Pressekonferenz erklärt, dass die finanziellen Sanktionen für Abgeordnete, die den Sitzungen fernbleiben, verschärft werden sollten. Er habe zudem angekündigt, dass man gemeinsam mit den stellvertretenden Sprechern daran arbeiten werde.

Wie das Portal Wirtualna Polska erfahren hat, werden die Änderungen sowohl im Sejm-Präsidium als auch in den Klubs und unter den Abgeordneten diskutiert. Nach den Regeln können Abgeordnete ihre Zulagen und bis zu 90 Prozent ihrer Bezüge verlieren. Derzeit belaufen sich die Bezüge der Abgeordneten auf fast 13.000 Zloty brutto, sodass sie maximal mit einem Verlust von ca. 11.500 PLN bestraft werden könnten.

In der Praxis werden die Abgeordneten jedoch nicht für jedes Fernbleiben mit dem Entzug von bis zu 90 Prozent ihrer Bezüge bestraft. Nach Angaben von WP soll eine solch hohe Strafe nur dann verhängt werden, wenn die Zahl der unentschuldigten Abwesenheiten von den Sejm-Sitzungen in einem bestimmten Monat drei Tage überschreitet. Da der Sejm zweimal im Monat zu dreitägigen Sitzungen zusammentritt, ist es unmöglich, in einer dreitägigen Sitzung mehr als drei Abwesenheiten zu erreichen, so Super Express.

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Doch nicht Warschau

Georgette Mosbacher ist die Favoritin für die diplomatische Vertretung in Bukarest, berichtet Dziennik/Gazeta Prawna. Georgette Mosbacher war von 2018 bis 2021 US-Botschafterin in Polen, nachdem sie während der ersten Amtszeit von Donald Trump ernannt worden war. In einem Interview im November erklärte Mosbacher ihre Bereitschaft, in den öffentlichen Dienst zurückzukehren.

„Egal, welche Rolle ich übernehmen werde, ich liebe Polen, ich habe es im Blut, und egal, wer der nächste Präsident Polens wird, ich werde alles tun, was ich kann, um die Beziehungen zwischen Polen und den Vereinigten Staaten zu unterstützen“, sagte sie.

Zuvor hatte die ehemalige US-Botschafterin in Polen eine Rückkehr in unser Land nicht ausgeschlossen. „Wenn Donald Trump mich bittet, nach Polen zu gehen und seinem Land zu dienen, würde ich mit Ja antworten, es wäre mir eine Ehre. Ich würde weder dieses Angebot des Präsidenten noch ein anderes ablehnen“, sagte Georgette Mosbacher.

Georgette Mosbacher war von 2018 bis 2021, während Trumps erster Amtszeit, US-Botschafterin in Polen. Sie engagiert sich seit Jahren in der republikanischen Gemeinschaft; derzeit ist sie Vorsitzende des Trilateralen Rates bei der US-Denkfabrik Atlantic Council.

Autor: Jakub Kukla

 

 

 

 

Ehemalige US-Botschafterin: Wiederaufbau der Ukraine muss eine Chance für Länder der Drei-Meere-Initiative sein

08.09.2022 12:25
Georgette Mosbacher zufolge sollte u.a. Deutschland nicht in der ersten Reihe der Länder stehen, die die Ukraine wieder aufbauen. "Schließlich war es die deutsche Politik, billige Energie aus Russland zu beziehen und die Gasleitung Nord Stream 2 zu unterstützen, die zum Ausbruch des Krieges beigetragen hat", so die ehemalige US-Botschafterin in Polen.

Tusk kritisiert ungarisches Asyl für Romanowski

20.12.2024 11:28
„Ich hätte nie erwartet, dass diejenigen, die vor der Justiz fliehen, zwischen Lukaschenko und Orbán wählen können“, sagte Polens Premierminister Donald Tusk am Freitag in Brüssel. Mit diesen Worten kommentierte er die Flucht des ehemaligen Vizejustizministers Marcin Romanowski (PiS) nach Ungarn. Polen bereitet sich derzeit darauf vor, die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union von Ungarn zu übernehmen.

Geflohener Politiker: Marcin Romanowski verzichtet auf Abgeordnetengehalt

03.01.2025 10:06
Das polnische Parlament debattiert derzeit über einen Gesetzesentwurf, der verhindern soll, dass sich Abgeordnete, gegen die ein Haftbefehl vorliegt, weiterhin finanzielle Vergünstigungen sichern können.

"Polen soll als Erwachsener agieren"

15.01.2025 12:30
Polen sollte in seinen Beziehungen innerhalb der Europäischen Union zeigen, dass es nicht die Rolle eines Kindes, sondern die einer erwachsenen Führungspersönlichkeit spielt, sagt die ehemalige US-Botschafterin in Polen, Georgette Mosbacher. Es gibt Dinge, die noch schneller teuern als Butter. Und: Gegner des Zentralen Kommunikationshafens CPK fühlen sich von Regierungskoalition im Stich gelassen. Mehr zu diesen Themen in der Presseschau.

Das braune Erbe der reichsten deutschen Unternehmerdynastien

27.01.2025 16:49
Viele deutsche Unternehmerfamilien haben ihre Vermögen während der NS-Zeit auf der Grundlage von Zwangsarbeit von Juden aufgebaut. Das schreibt der niederländische Journalist David de Jong in seinem Buch „Braunes Erbe: Die dunkle Geschichte der reichsten deutschen“. 

Auschwitz-Opfer bei Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung: „Seid wachsam. Schaut auf die Feinde der Demokratie"

27.01.2025 20:00
Ein polnischer KZ-Überlebender appellierte an die junge Generation, die Vorteile der digitalen Welt mit Bedacht zu nutzen. „Seid wachsam. Wir Opfer von Verfolgung wissen, was es heißt, in der Minderheit zu sein. Schaut euch die Feinde der Demokratie an. Ich bitte euch, eure Anstrengungen zu verstärken, um die Wahrnehmung einer Welt, die zur Gewalt geführt hat, einer Fabrik des Todes, zu verhindern“, betonte er.