Rzeczpospolita: Drei Jahre Krieg. Die Ukraine kämpft, die Welt schwankt, Europa wacht auf
Drei Jahre Krieg. 1096 Tage des Dramas der Ukraine, das am 24. Februar 2022 von Russland mit räuberischer und imperialistischer Absicht angegriffen wurde, das Drama von Hunderttausenden toten Soldaten und Zivilisten, Hunderttausenden Verwundeten und Millionen von Flüchtlingen. Aber es ist auch das Drama eines ganzen Kontinents. Einer Welt, die heute ein weit weniger stabiler Ort als vor der russischen Aggression ist, schreibt der Chefredakteur der Tageszeitung, Michal Szułdrzyński.
Wir befinden uns an einem historischen Moment in diesem Krieg, aber auch an einem Schlüsselpunkt im Westen. Donald Trump glaube, Russland wolle Frieden. Die Ukrainer indes seien für den Krieg verantwortlich. Seinem Stellvertreter J.D. Vance nach, sei Russland stärker. Daher mache es keinen Sinn, eine Ukraine zu unterstützen, die nicht gewinnen könne.
Geht es nach dem Autor, wäre das Ende des Krieges unter solchen Bedingungen jedoch kein Frieden. Die bisherige Ausdauer der Ukrainer wäre umsonst. Hunderttausende von Opfern wären sinnlos. Es wäre ein Verrat. Dasselbe sei Polen vor 80 Jahren widerfahren. Die damaligen Anführer hatten die Welt einfach durch den Eisernen Vorhang geteilt. Ein solches Szenario wäre auch heute eine große historische Ungerechtigkeit. Aus seiner eigenen Geschichte wissen Polen jedoch nur zu gut, dass die Geschichte nicht gerecht ist. Wie oft habe Polen „Recht“ gehabt und trotzdem verloren, schreibt Szułdrzyński im Blatt.
Geht es nach dem Autor, verursache Donald Trumps Verhalten großes Chaos. Aber man könne nicht die ganze Verantwortung auf ihn abwälzen. Vor Trump habe der Westen die Ukraine nur so weit unterstützt, dass sie nicht verliere, aber auch nicht gewinne. Er wollte dem von einem atomar bewaffneten Nachbarn angegriffenen Land die Chance geben, sich zu verteidigen und gleichzeitig den Dritten Weltkrieg zu vermeiden. Die Angst vor einer Eskalation war stärker als der Wunsch nach einem Sieg der Ukraine. Als Ergebnis stehe die Ukraine ohne US-Hilfe kurz vor dem Zusammenbruch. Russland indes sei für Europa noch gefährlicher geworden.
Wie es weiter heißt, habe der Widerstand der Ukrainer Russland überrascht. Nach dem Plan des Kremls sollte er nur 3 Tage und nicht 3 Jahre dauern. Moskau habe geglaubt, Kiew würde kapitulieren, die Eliten fliehen, die Ukraine fallen. Stattdessen stießen die russischen Soldaten auf heldenhaften Widerstand. Die Sanktionen und die Isolierung vom Westen seien nicht ideal. Trotzdem habe die russische Wirtschaft einen schweren Schlag erlitten. Dennoch sei Russland noch weit davon entfernt, zusammenzubrechen. Die Regierung von Donald Trump will dem Land zudem eine helfende Hand reichen. Trotzdem dürfe man jetzt nicht in Melancholie verfallen oder stillschweigend zusehen, wie unsere Welt zusammenbricht. Als Polen und Europa sollten wir aufwachsen.
Geht es nach Szułdrzyński, habe Europa jedoch noch nicht sein letztes Wort gesagt. Hier leben eine halbe Milliarde Menschen. Die europäischen NATO-Staaten hätten gemeinsam eine große Stärke und würden immer enger zusammenarbeiten. Der Wandel der US-Politik sei auch eine Chance für Europa, um nüchtern zu werden und die Verantwortung für den Kontinent zu übernehmen. Sowohl politisch als EU als auch militärisch, wenn sie in der Welt etwas zu sagen haben will, lautet das Fazit in der Rzeczpospolita.
Wprost: Friedrich Merz – Europas letzte Hoffnung?
In der Wochenzeitung Wprost zitiert Jakub Mielnik in seiner Einleitung Friedrich Merz mit den Worten: „Der Frieden ist auf jedem Friedhof zu finden. Die Freiheit ist das, was wir verteidigen müssen.“ Diese Worte erinnerten ihn an die besten Jahre Deutschlands im Nachkriegseuropa. Damals habe die Bundesrepublik an vorderster Front im Kalten Krieg gegen den Moskauer Imperialismus gestanden, lesen wir im Blatt.
Geht es nach dem Autor, habe der neue Bundeskanzler und CDU-Vorsitzende eine reale Chance, das bröckelnde Bündnis Europas mit den USA zu retten. Diese seien jedenfalls weitaus größer als jene Hoffnungen, die Polen mit seiner EU-Ratspräsidentschaft verbinde. Ob es einem gefalle oder nicht – die orientierungslose und machtlose EU brauche dringend eine deutsche Führungsrolle. Voraussetzung sei jedoch, dass diese über die karikaturhafte Form hinausgehe, die unter Angela Merkel geschaffen und von Olaf Scholz wirkungsvoll vergeudet worden sei, schreibt Mielnik.
Wer in Friedrich Merz jedoch eine neue Inkarnation Winston Churchills sehe, die die EU im Kampf gegen den russischen – aber auch amerikanischen – Imperialismus anführen werde, müsse vorsichtig sein, heißt es weiter. In der deutschen Politik bestehe nach wie vor die Versuchung, die von Trump forcierte Annäherung an Moskau zu nutzen und zu den alten Beziehungen zu Russland zurückzukehren. Diese seien für Deutschland schließlich äußerst profitabel gewesen – auf ihnen habe es seinen Wohlstand und seine Führungsrolle in Europa aufgebaut.
Trumps angekündigter Rückzug aus Europa, fährt der Autor fort, habe zudem die Befürworter einer Föderalisierung der EU ermutigt. Ihrer Ansicht nach sei ein europäischer Superstaat die Antwort auf die Bedrohungen durch die USA und Russland. Merz habe sich bisher gegen eine solche Föderalisierung gewehrt und lehne beispielsweise eine gemeinsame EU-Verschuldung kategorisch ab. Wie der Autor abschließend anmerkt, habe sich der neue Kanzler allerdings noch nicht mit den Exzessen der republikanischen US-Regierung unter Trump konfrontieren müssen. Was die Zukunft des deutschen Engagements in Russland betreffe, lasse sich derzeit noch nichts Konkretes sagen, so Jakub Mielnik in Wprost.
Rzeczpospolita: Polen als Spielstein auf Donald Trumps Schachbrett
Der Besuch von Polens Präsident Andrzej Duda in Washington habe die schlimmsten Befürchtungen bestätigt: In der neuen Welt, die Donald Trump aufbaue, sei Polen kein Partner für die Vereinigten Staaten – und schon gar kein wichtiger Mitspieler, schreibt Jędrzej Bielecki in der Rzeczpospolita.
Sieben, acht oder vielleicht zehn Minuten – der mediale Streit darüber, wie lange US-Präsident Donald Trump den polnischen Staatschef empfangen habe, sei nicht nur eine Demütigung für Duda, sondern vor allem für die Polen selbst, lesen wir im Blatt. Ebenso fragwürdig seien die Umstände des kurzen Treffens gewesen: hinter der Bühne des rechtspopulistischen Kongresses CPAC – auf derselben, auf der wenige Stunden zuvor Trumps ehemaliger Wahlkampfleiter Steve Bannon seine Rede mit einem Nazi-Gruß beendet habe. Sogar der Vorsitzende der französischen Nationalen Einheit, Jordan Bardella, habe daraufhin auf einen Auftritt bei der Veranstaltung verzichtet, so die Rzeczpospolita.
Das polnische Außenministerium sei von Dudas Besuch in den USA überrascht worden. Geht es nach dem Autor, sei die Reise katastrophal vorbereitet gewesen. Sie zeige, dass man im Präsidentenpalast nicht verstehe, was Trumpismus bedeute und welche tektonischen Verschiebungen sich seit einem Monat in der amerikanischen Außenpolitik vollzogen hätten.
Andrzej Duda habe sich nach dem Treffen damit getröstet, heißt es weiter, dass dieser Misserfolg durch ein Gespräch mit Trump vor fast einem Jahr ausgeglichen werde. Damals hatte der Milliardär ihn fast zweieinhalb Stunden lang im Trump Tower in Manhattan empfangen. Doch damals habe Trump die Unterstützung eines europäischen Staatschefs gebraucht, um sich Respekt im Wahlkampf zu sichern – und dies habe er zynisch ausgenutzt. Heute, bereits an der Macht, kümmere er sich nicht um Polens Ängste hinsichtlich der Zukunft der Ukraine und der NATO.
Doch auch Polen trage eine Mitschuld an seiner aktuellen Lage, heißt es weiter. Gelähmt vom eigenen Wahlkampf, habe es in den Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine kein überzeugendes Angebot für die USA vorlegen können. Währenddessen empfange Trump am Montag Emmanuel Macron und am Donnerstag Sir Keir Starmer im Weißen Haus – beide mit einem konkreten Vorschlag: einer Friedensinitiative, die einen Waffenstillstand in der Ukraine mit minimaler amerikanischer Beteiligung garantieren solle.
Macron telefoniere mindestens einmal pro Woche mit dem US-Präsidenten, lesen wir weiter. Er wolle Trump überzeugen, dass eine Aufgabe der Ukraine nicht nur seine eigene Schwäche offenbaren würde, sondern auch Chinas Staatschef Xi Jinping ermutigen könnte, Taiwan in ein oder zwei Jahren anzugreifen. Es sei im Moment das Beste, was Europa tun könne. Aber auch damit sei nicht sicher, ob das die US-Regierung von einem tragischen Abkommen mit Putin abhalten könne, so Jędrzej Bielecki in der Rzeczpospolita.
Piotr Siemiński